26.08.12

L # England

Fast ein Jahr ist es, dass ich nach England gegangen bin. Als ich noch der festen Überzeugung war es würde das beste Jahr meines bisherigen Lebens werden.
Es ist schwer ein Jahr in Worte zufassen, aber ich habe das Gefühl es würde gut tun.
Zu realisieren, dass ich wahrscheinlich nie mehr meine Gastbrüder anmeckern, im strömendem Regen den Waldweg hinter meinem Haus auf dem Weg zum Bus lang laufen oder total vollgestopft werde, weil meine Gastmutter denkt ich bin auf irgendeiner komischen Diät, ist befremdent. Das alles gehörte fast 10 Monate zu meinem Alltag und jetzt erinnere ich mich an vieles gar nicht mehr. Ich weiß nicht mehr genau wo die Steckdosen in meinem englischen Zimmer und in welcher Schublade die Gabeln in der Küche sind. Es kommt mir vor wie ein Traum. So als wäre ich gar nicht in England gewesen.
Dann kommt man zur Schule und erwartet das alles so ist wie vorher. Aber auf einmal haben Freunde neue Freunde, von denen man nie gedacht hätte das die sich verstehen würden. Ehemalige beste Freundinnen grüßen sich nicht mal mehr. Alles ist irgendwie anders. Außer Mama & Papa, und die mit denen man das Jahr über Kontakt hatte, doch das sind nicht viele. "Wir müssen unbedingt skypen wenn du da ist!!!" war wohl der am häufigsten gesagte Satz denn ich gehört (oder gesagt habe) bevor ich weg bin. Im Endeffekt waren es vielleicht 4, höchstens 5 Freunde, min denen man überhaupt Kontakt hatte. Jetzt bin ich wieder da, bin auf einer Party und alle reden von der letzten Party, dem letzten Urlaub und wie toll das letzte Jahr doch generell war. Ich sitze nur daneben und frage mich "war es das wirklich wert? nicht mit meinem Jahrgang Abi zumachen, ein Jahr länger zur Schule zugehen. Wird es mir später wirklich von Vorteil sein? Ist mein Englisch jetzt wirklich besser als das meiner Freunde?" Antworten fallen mir keine eine. Zumindestens jetzt noch nicht. Vielleicht in 50 Jahren. Dann kann ich zurück blicken und mir diese Fragen beantworten.
Das Jahr hatte auch seine schönen Seiten. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden. Die Tatsache, das davon nur zwei aus England kommen und der Rest wie ich Austauschschüler sind spricht nicht gerade für die Engländer. Aber ich bin froh bestimmte Menschen getroffen zuhaben. Menschen die für mich da waren und genau wussten wie ich mich fühle wenn ich sagen "Heimweh". Ich bin dankbar für diese Menschen und auch wenn sie das hier wahrscheinlich nicht verstehen, weil sie aus Frankreich, Finnland und sonst woher aus Europa kommen, wissen sie hoffentlich was ich meine mit "Freunde fürs Leben". Ich vermisse sie alle. Die langen Abende habe ich mit meiner französischen Gastschwester mit Harry Potter gucken verbracht habe oder wie ich mit Amanda aus Finnland stundenlang Witze über die Engländer gemacht habe.
Mein Jahr war ein Drunter & Drüber, eine Achterbahnfahrt, ein Jahr in dem ich realisiert habe, dass es nichts schöneres gibt als das Gefühl zuhause zu sein. Wenn man an den Kühlschrank geht und kein "WIESO HAST DU DAS GEGESSEN?? DAS WAR EINGEPLANT!!!" sondern ein "Oh, du hast den Mozarella gegessen, is ja gut, nehm ich Schafskäse!" zuhören kriegt. Die Freiheit wirklich zu machen was ich will und nicht von meinen sehr verplanten   Gasteltern oder dem blöden englischen Nahverkehr abhängig zu sein.
Von dem Familiengefühl hier und in England will ich gar nicht erst anfangen. Ich glaube meine Gastfamilie hat Lucie und mich aufgenommen in dem Glauben, dass wir den Hausfrieden wieder herstellen. Dem war natürlich nicht so.

Nun ja jetzt ist es vorbei.  
Ich bin wieder zuhause.
Zuhause in Berlin wo ich hingehöre.

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